Was ist bei einer fristlosen Kündigung zu beachten?

Die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses hat einschneidende Folgen. Damit die fristlose Kündigung gerechtfertigt ist, sind strenge Voraussetzungen zu beachten. Werden diese nicht eingehalten, kann dies zu erheblichen Entschädigungsansprüchen führen.

Allgemeines

Gemäss Art. 337 OR kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigen Gründen jederzeit fristlos aufgelöst werden, sofern die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Treu und Glauben nicht zumutbar ist. Ob ein wichtiger Grund gegeben ist, liegt im Ermessen des Gerichts. Der Richter entscheidet somit im Einzelfall über das Vorliegen eines wichtigen Grundes, d.h. ob die fristlose Kündigung gerechtfertigt war oder nicht.

In der Praxis ist vor allem die fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber relevant. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich daher insbesondere auf diesen Fall. Betreffend die fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer werden deren Folgen behandelt.

Wichtiger Grund

Ein wichtiger Grund liegt unter anderem dann vor, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten schwerwiegend verletzt hat. Dies liegt beispielsweise bei der Verübung von Straftaten gegen den Arbeitgeber, welche das Vertrauensverhältnis zerstören oder Beleidigungen von Vorgesetzten und Mitarbeiter vor. Vorsicht ist bei blossen Verdachtsfällen geboten. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos, weil er den Arbeitnehmer z.B. eines Diebstahls verdächtigt und bestätigt sich dieser Verdacht später nicht, so ist die fristlose Entlassung als ungerechtfertigt zu qualifizieren. Bei blossen Verdachtskündigungen trägt somit der Kündigende bzw. in diesem Fall der Arbeitgeber das Risiko, dass sich der Verdacht später nicht bestätigt.

Wiegt eine Verfehlung weniger schwer (z.B. Zuspätkommen, Nichteinhaltung von Weisungen des Arbeitgebers usw.), ist eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses nur nach vorgängiger Aussprache einer Verwarnung zulässig. Wobei in der Verwarnung die fristlose Kündigung angedroht werden muss. Nie ein Grund für eine fristlose Entlassung des Arbeitnehmers kann hingegen die unverschuldete Arbeitsverhinderung sein, wie beispielsweise eine krankheits- oder unfallbedingte Abwesenheit des Arbeitnehmers (Art. 337 Abs. 3 OR).

Wurde das Arbeitsverhältnis bereits ordentlich aufgelöst oder steht der Ablauf des befristeten Arbeitsverhältnisses kurz bevor, steigen die Anforderungen an den wichtigen Grund nach Rechtsprechung des Bundesgerichts weiter an.

Kein milderes Mittel

Sofern es möglich ist, mit einer milderen Massnahme die Dauer bis zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses mittels einer ordentlichen Kündigung zu überbrücken, dürfte ein solcher wichtiger Grund für die fristlose Kündigung nicht gegeben sein. Um finanzielle Folgen einer ungerechtfertigten fristlosen Kündigung zu verhindern, empfehlen wir unter Anwendung der milderen Massnahme, grundsätzlich den Weg über eine ordentliche Kündigung zu wählen.

Umgehende Reaktion

Damit eine fristlose Kündigung zu Recht ausgesprochen werden kann, muss diese umgehend nach der Kenntnisnahme erklärt werden. Die Rechtsprechung zur umgehenden Reaktion ist streng und räumt dem Kündigenden grundsätzlich lediglich zwei bis drei Arbeitstage ein. Je nach Grösse des Unternehmens und interner Organisation wird von den Gerichten eine etwas längere Reaktionszeit akzeptiert. Wird mit der Aussprache der Kündigung jedoch zu lange zugewartet, kann ein Verzicht auf das Recht zur fristlosen Kündigung angenommen werden. Mit dem Zuwarten gibt der Kündigende nach Rechtsprechung des Bundesgerichts zu erkennen, dass eine Weiterführung des Arbeitsverhältnisses zumutbar bzw. eben gerade nicht unzumutbar ist.

Fristlose Kündigung während einer Arbeitsunfähigkeit

Im Gegensatz zur ordentlichen Kündigung hat eine allfällige Arbeitsunfähigkeit keinen Einfluss auf die Kündigungsmöglichkeit. Während eine ordentliche Kündigung während einer Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf der Sperrfrist nichtig ist, führt eine fristlose Kündigung auch bei einer Arbeitsunfähigkeit sofort zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Folgen einer gerechtfertigten fristlosen Kündigung

Wird der Arbeitsvertrag zu Recht fristlos aufgelöst, endet das Arbeitsverhältnis mit dem Zugang der Kündigung per sofort. Über die bereits geleistete Arbeit hinaus hat der Arbeitnehmer keine weiteren Lohnansprüche. Allfällige noch bestehende Überstunden- und Ferienguthaben sind grundsätzlich zu entschädigen, da diese nicht mehr in natura bezogen bzw. kompensiert werden können. Auch ein anteiliger 13. Monatslohn ist zu bezahlen. Erleidet der Kündigende durch das Verhalten der anderen Partei einen Schaden, so kann je nach Verschulden im Einzelfall zudem ein Anspruch auf Schadenersatz entstehen (Art. 337b Abs. 2 OR).

Folgen einer ungerechtfertigten fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis in ungerechtfertigter Weise fristlos, so endet dieses dennoch am Tag des Zugangs der Kündigung. Das Obligationenrecht sieht bei der ungerechtfertigten fristlosen Kündigung keine Pflicht zur Wiederanstellung vor. Auch wenn das Arbeitsverhältnis faktisch endet, hat der Arbeitnehmer aufgrund der zu Unrecht erfolgten fristlosen Kündigung Anspruch auf Ersatz desjenigen Lohnes, welcher er bei ordentlicher Auflösung des Arbeitsverhältnisses erhalten hätte. Allfällige Verdienste des Arbeitnehmers oder Leistungen der Arbeitslosenkasse während dieser hypothetischen Kündigungsfrist muss sich der Arbeitnehmer dabei vollumfänglich anrechnen lassen.

Darüber hinaus kann das Gericht dem Arbeitnehmer nach eigenem Ermessen und unter Würdigung der konkreten Umstände eine Entschädigung im Umfang von bis zu sechs Bruttomonatslöhnen zusprechen (Art. 337c Abs. 3 OR). Diese Entschädigung soll einerseits eine Wiedergutmachung für den zu Unrecht fristlos entlassenen Arbeitnehmer darstellen, andererseits dient sie aber auch der Bestrafung des Arbeitgebers. Massgebend für die Bemessung sind dabei insbesondere die Schwere des Verschuldens des Arbeitgebers, die Dauer des Arbeitsverhältnisses und ein allfälliges Mitverschulden des Arbeitnehmers.

Der Arbeitnehmer ist im Übrigen auch im Hinblick auf das Arbeitszeugnis so zu stellen, wie wenn die zu Unrecht erfolgte fristlose Kündigung nicht erfolgt wäre. Als Enddatum ist im Arbeitszeugnis daher nicht der Tag der Zustellung der fristlosen Kündigung, sondern das Ende der hypothetischen ordentlichen Kündigungsfrist bzw. des befristeten Vertrages zu nennen.

Folgen einer ungerechtfertigten fristlosen Kündigung durch den Arbeitnehmer

Der Arbeitnehmer kann das Arbeitsverhältnis unter den gleichen strengen Voraussetzungen wie der Arbeitgeber fristlos kündigen. Löst der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag zu Unrecht per sofort auf, hat der Arbeitgeber nach Art. 337d Abs. 1 OR Anspruch auf eine Entschädigung im Betrag von einem Viertel des Monatslohnes des Arbeitnehmers. Dieser Anspruch ist vom Arbeitgeber innert 30 Tagen durch Klage oder Betreibung geltend zu machen. Andernfalls verwirkt der Anspruch. Daneben kann der Arbeitgeber auch den Ersatz des weiteren Schadens geltend machen.

Fazit

Mit dem Instrument der fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses sind einige Tücken verbunden. Gerne unterstützen wir Sie bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus fristloser Kündigung und beraten Sie im Hinblick auf fristlose Auflösungen von Arbeitsverhältnissen. Grundsätzlich empfehlen wir eine kurze Rücksprache mit Ihrem Rechtsvertreter bevor Sie eine fristlose Kündigung aussprechen, vorausgesetzt, dies ist innert der kurzen Frist (vgl. Titel «Umgehende Reaktion») möglich.

Luzern, 22. Juli 2020

Melanie Fischer                                              Simeon Beeler

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