Kann ich mein Haus meiner Nichte in Frankreich vererben?
Ich (m) bin verheiratet und kinderlos. Meine Nichte wohnt mit ihrer Familie in Frankreich nahe der Grenze zur Schweiz. Gerne möchte ich ihr zum Dank für die jahrelange Betreuung mein Haus in der Stadt Luzern vererben. Kann ich das?
Das Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG; bekannt als „Lex Friedrich“) schränkt die Möglichkeiten, eine Liegenschaft zu übernehmen, für Personen im Ausland ein. Die „Lex Friedrich“ ist auch bei einem Erbgang zu berücksichtigen:
a) Wenn Ihre Nichte in Frankreich Schweizerin oder Schweizer Doppelbürgerin ist, darf sie im Rahmen des Erbganges Ihr Haus unabhängig von ihrem Wohnsitz übernehmen, wie wenn sie ihren Wohnsitz in der Schweiz hätte.
b) Bei anderen Staatszugehörigkeiten (auch EU/EFTA) gilt die Nichte als Ausländerin mit Wohnsitz im Ausland. Dann untersteht der Erwerb (auch via Erbgang) grundsätzlich der Bewilligungspflicht.
c) Generell von der Bewilligungspflicht ausgenommen sind nach Art. 7 BewG gesetzliche Erbinnen und Erben im Sinne des schweizerischen Rechts, wenn sie ein Grundstück, das sich im Nachlass befindet, erwerben. Das Gesetz ist diesbezüglich „mild“ und berücksichtigt nicht nur die Personen der direkten Erbfolge (wie z.B. den Ehegatten und/oder die Nachkommen), sondern weitere Verwandte des Erblassers, wenn sie als Erben oder als Vermächtnisnehmer eingesetzt sind. Wenn die Nichte eine leibliche oder adoptierte Tochter eines Geschwisters von Ihnen ist, können Sie ihr das Haus deshalb bewilligungsfrei vererben oder vermachen.
d) Ist die Nichte jedoch die Tochter einer Schwägerin oder eines Schwagers von Ihnen (d.h. mit Ihrer Frau, nicht aber mit Ihnen direkt blutsverwandt), dann kann sie das Haus nur mit einer Bewilligung erben, auch wenn Sie die Nichte als Erbin oder Vermächtnisnehmerin einsetzen. Die Nichte könnte je nach Sachumständen versuchen, einen anderen Bewilligungsgrund (z.B. Zweitwohnung; gemeinnütziger Zweck etc.) geltend zu machen oder eine enge, schutzwürdige Beziehung zu Ihrem Haus darzulegen. Eine solche besondere Beziehung könnte unter Umständen bejaht werden, wenn die Nichte mit Ihnen über längere Zeit dauernd oder häufig an Wochenenden im Haus gewohnt oder zumindest mit Ihnen dort die Ferien verbracht hat. Im Kanton Luzern wäre sodann die Möglichkeit des Erwerbs als Zweitwohnung zu prüfen, falls die Nichte zu Luzern eine sehr enge, schutzwürdige Beziehung unterhält und diese noch andauert. Entscheidend ist in einem solchen Fall, ob die erbende Person im Rahmen dieser engen Beziehung zum Ort wichtige wirtschaftliche, wissenschaftliche, kulturelle oder andere Interessen wahrt, für die eine persönliche Präsenz unterlässlich ist. Für die Bewilligung als Zweitwohnung reichen hingegen blosse Studien- oder Ferienaufenthalte nicht aus.
e) Gelingt es der Nichte nicht, einen Bewilligungsgrund oder eine Ausnahme von der Bewilligungspflicht geltend zu machen, kann sie das Haus dennoch übernehmen, jedoch mit der Pflicht, dieses innert zweier Jahre zu veräussern. Diese Auflage wird in der Regel im Grundbuch angemerkt.
Beschäftigen Sie solche oder ähnliche Fragen, leben Ihre künftigen Erben im Ausland oder möchten Sie die Zuweisung Ihrer Liegenschaft an bestimmte Personen sorgfältig planen, unterstützen wir Sie gerne. Fragen Sie uns!
Luzern, 19. Juni 2020
Reto Marbacher